Einstweilige Verfügung

Wenn nach einer Abmahnung die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird, ist das Mittel der Wahl meist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Es handelt sich dabei um sogenannten einstweiligen Rechtsschutz bzw. im Volksmund auch „Eilverfahren“ genannt.

a) Allgemeines zur einstweiligen Verfügung

Da in den meisten Fällen des gewerblichen Rechtsschutzes bzw. im Urheberrecht die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Vordergrund stehen und hier in der Regel eine schnelle Entscheidung begehrt wird, bietet sich der vorläufige Rechtsschutz in Form der einstweiligen Verfügung an. Denn wenn Unterlassungsansprüche in einer „regulären“ Klage geltend gemacht werden, so gehen bis zu einer (zumal endgültigen) Entscheidung der Gerichte meist einige Monate, wenn nicht gar Jahre, ins Land. Ein Urteil kommt daher häufig zu spät, wenn schnell und effektiv Rechtsschutz begehrt wird.

Genau dazu dient die einstweilige Verfügung. Hier wird – meist ohne Anhörung der Gegenseite – alleine aufgrund des einstweiligen Verfügungsantrages von den Gerichten entschieden. Das Verfahren stellt zwar nur eine vorläufige Regelung dar. Das begehrte Unterlassen kann damit aber schnell und effektiv gefordert werden.

Das einstweilige Verfügungsverfahren beinhaltet allerdings einige Besonderheiten:

b) Gang des Verfahrens

Nachdem der Antragsteller seinen Antrag bei Gericht eingereicht hat, entscheiden die Gerichte meist binnen weniger Tage. In den meisten Fällen erfährt der Antragsgegner nichts von dem Antrag, sondern wird erstmals durch die Zustellung der einstweiligen Verfügung davon in Kenntnis gesetzt. Er hat sodann umgehend die dort umschriebene Unterlassung zu berücksichtigen.

Wenn – wie regelmäßig – dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eine Abmahnung voranging, hat der Abgemahnte auch die Möglichkeit, eine sogenannte Schutzschrift bei Gericht zu hinterlegen. Dies kann für den Fall tun, dass er bereits befürchtet, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden wird. Durch die Schutzschrift wird dann auch seine Sicht der Dinge vom Gericht gehört.

c) Glaubhaftmachung als Beweismittel

Da es sich bei dem einstweiligen Verfügungsverfahren um schnellen Rechtsschutz handelt, können keine langwierigen Beweiserhebungen erfolgen. Daher entscheiden die Gerichte regelmäßig alleine aufgrund der Antragsschrift. In der Antragsschrift können keine regulären Beweismittel verwendet werden, sondern nur sogenannte Glaubhaftmachungsmittel. Dafür kommt insbesondere die Vorlage von Urkunden und die Versicherung an Eides statt in Betracht.

Zwar müssen grundsätzlich keine Glaubhaftmachungen erfolgen. Dies bietet sich aber an, da dadurch weitere Rückfragen der Gerichte vermieden werden und insbesondere das Verfahren sodann schnell fortbetrieben werden kann. Zudem fordern die meisten Gerichte eine Glaubhaftmachung betreffend die wesentlichen Punkte im Sachverhalt.

d) Eilbedürftigkeit

Da das einstweilige Verfügungsverfahren für den Antragsteller ein verhältnismäßig „scharfes Schwert“ darstellt, da dadurch binnen weniger Tage effektiver Rechtsschutz erlangt werden kann, ist dieses Verfahren nur gerechtfertigt, wenn der Antragsteller auch tatsächlich die Dringlichkeit der Sache darlegen kann.

Im Wettbewerbsrecht wird die Dringlichkeit regelmäßig vermutet (von Gesetzes wegen). Allerdings kann der Antragsgegner die Dringlichkeit später auch widerlegen. In diesem Zusammenhang ist auch erforderlich, dass der Antragsteller durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass ihm die Sache eilig ist.

So haben sich beispielsweise in verschiedenen Gerichtsbezirken auch feste Fristen herausgebildet, innerhalb derer der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch als eilbedürftig angesehen wird. Im OLG-Bezirk München ist in der Regel von einer starren ein-Monats-Frist ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände auszugehen. Wenn der Antragsteller länger als einen Monat ab Kenntnis zuwartet, bis er mit angemessener Frist abgemahnt hat und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt, kann meist unterstellt werden, dass ihm die Angelegenheit nicht so eilig ist, dass er diese im einstweiligen Rechtsschutz vorantreiben möchte.

e) Entscheidung des Gerichtes

Wie gesagt erfolgt die Entscheidung des Gerichtes meist ohne Anhörung der Gegenseite, außer diese legt eine Schutzschrift vor. In der Regel erfolgt die Entscheidung durch Beschluss. Dieser wird dann dem Antragsteller zugesandt und dieser kann die Verfügung dann über einen Gerichtsvollzieher förmlich zustellen. Wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, erfolgt häufig auch eine Zustellung per Fax von Anwalt zu Anwalt.

In dem Verfügungsbeschluss des Gerichtes wird regelmäßig für eine Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot eine empfindliche Strafe (Androhung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) festgesetzt.

f) Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache

Da eine einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung darstellt, darf diese nicht die sogenannte Hauptsache vorwegnehmen. Wenn die einstweilige Verfügung daher faktisch eine endgültige Entscheidung darstellt, darf diese so nicht erlassen werden. Denn eine endgültige Regelung bleibt dem regulären Klageverfahren („Hauptsacheklage“) vorbehalten.

g) Kosten der einstweiligen Verfügung

Im Zivilprozess hat grundsätzlich immer derjenige die Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen, der unterliegt. Bei teilweisem Unterliegen wird die Kostenquote meist entsprechend dem Verhältnis vom Obsiegen zum Unterliegen festgelegt.

Die Kosten für die anwaltliche Tätigkeit bestimmen sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Es entsteht in der Regel eine 1,3-Verfahrensgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Zudem sind die Gerichtskosten zu zahlen. Wenn später auch ein Verhandlungstermin anberaumt und wahrgenommen wird, kommt noch eine sogenannte 1,2 Terminsgebühr hinzu.

Im Gewerblichen Rechtsschutz sowie im Urheberrecht liegen die Gegenstandswerte meist nicht unter € 10.000,00. Dadurch entstehen häufig Anwaltsgebühren in nicht unerheblicher Höhe.

Wird die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen, hat der Antragsgegner die Kosten zu übernehmen.

h) Mögliche Reaktion des Antragsgegners

Meist wird der Antragsgegner durch die Zustellung der einstweiligen Verfügung überrascht sein. Er muss sich dann die Frage stellen, ob er erfolgreich dagegen vorgehen kann oder nicht.

Grundsätzlich kann der Antragsgegner Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegen, wenn diese zuvor ohne mündliche Verhandlung ergangen ist (dies stellt den Regelfall dar). Allerdings hat der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung, sondern führt in der Regel zu einer mündlichen Verhandlung, in welcher dann erst im Weiteren darüber entschieden wird.

Ob und in welchem Umfang Widerspruch eingelegt wird, ist stark vom Einzelfall abhängig. Hier ist in der Regel sehr ratsam, fachkundigen Rat einzuholen.

So kann beispielsweise ein Widerspruch lediglich auf die Kostenfolge beschränkt werden. Auch kann versucht werden, zunächst die Vollstreckung einzustellen etc.

Wenn die einstweilige Verfügung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung erging bzw. in einer Verhandlung bestätigt wurde, kann dagegen Berufung eingelegt werden. Das Berufungsverfahren findet dann weiterhin im einstweiligen Rechtsschutz statt und ist unabhängig vom Hauptsacheverfahren (also unabhängig von der „regulären“ Klage). Eine Revision findet im Anschluss daran jedoch regelmäßig nicht statt.

i) Hauptsacheverfahren

Neben dem einstweiligen Verfügungsverfahren („Eilverfahren“) hat der Antragsteller grundsätzlich auch die Möglichkeit, eine „reguläre“ Klage zu erheben. Es handelt sich dabei dann um das sogenannte Hauptsacheverfahren.

Leitet der Antragsteller das Hauptsacheverfahren nicht von sich aus ein und möchte der Antragsgegner aber Klarheit haben, kann er den Antragsteller dazu zwingen, das Hauptsacheverfahren zu betreiben.

j) Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen geänderter Umstände

Wenn sich – durch welche Gründe auch immer – die tatsächlichen Umstände nach dem Erlass einer einstweiligen Verfügung ändern, kann der Antragsgegner die (teilweise) Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragen. Das ist immer dann sinnvoll, wenn die einstweilige Verfügung ursprünglich zwar ggf. rechtmäßig war, zwischenzeitlich aber Umstände eingetreten sind, die diese nunmehr nicht mehr rechtmäßig erscheinen lassen.

k) Rechtsmittel des Antragstellers

Es kann auch vorkommen, dass die einstweilige Verfügung vom Gericht ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen wird. In diesem Fall hat der Antragsteller die Möglichkeit, dagegen Beschwerde einzulegen. Diese wird dann vom nächst höheren Gericht überprüft. Wird aufgrund der Beschwerde die einstweilige Verfügung nicht doch noch von der ersten Instanz erlassen, dann entscheidet das Beschwerdegericht endgültig darüber. Eine weitere Beschwerde kann dann nicht erhoben werden. Dem Antragsteller bleibt aber dann immer noch die Möglichkeit, die reguläre Klage einzuleiten.

Häufig wird in der Praxis aber durch das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz eine abschließende Klärung zwischen den Parteien erlangt. Es wird dann eine Abschlusserklärung abgegeben bzw. der erfolglose Antragsteller lässt es damit „auf sich beruhen“.

l) Holen Sie sich kompetenten Rat

Wir beraten Sie kompetent in allen Fragen rund um das einstweilige Verfügungsverfahren. Unabhängig davon, dass ohnehin in diesen Verfahren Anwaltspflicht bestehen wird, ist es ratsam sich aufgrund der komplexen rechtlichen Gegebenheiten kompetenten Rechtsrat einzuholen.